1.3 Gleichzeitigkeitsrelativität

Nach der Kritik des Basisbegriffes Zeit setzen wir die Analyse der logischen Grundlagen dieser Theorie fort und betrachten den Hilfsbegriff "Gleichzeitigkeitsrelativität". Wir machen Sie an das Gedankenexperiment aus der SRT erinnerlich. Es fahre der Zug A'B' mit der Geschwindigkeit $ v$ auf der Eisenbahn. In den Bahnkörper ($ C$) gegenüber der Mitte des Zuges C' (zum Zeitpunkt des Zusammenfallens der Punkte C=C') schlägt der Blitz ein. Im System, das mit dem sich bewegenden Zug verbunden ist, erreicht dann der Lichtblitz gleichzeitig die Punkte A' und B', während der Lichtblitz aus Sicht des ruhenden Beobachters gleichzeitig die Punkte $ A$ und $ B$ (mit der Mitte im Punkt $ C$) erreicht, aber zu diesem Zeitpunkt gehen die Punkte $ C$ und C' (die Mitten der Abschnitte) mit einiger Entfernung auseinander. Doch ist ähnliche Situation in der klassischen Physik möglich, wenn wir die Information von den Punkten $ A', B', A, B$ in den neuen einheitlichen Punkt $ D$ (oder im Gegenteil aus dem Punkt $ D$ in die Punkte $ A', B', A, B$) mit einer Endgeschwindigkeit $ v_1$ überzugeben wollen (dabei werden die SRT und die Beständigkeit der Lichtgeschwindigkeit keine Rolle spielen).

Man kann folgendes mechanisches Modell (Abb. 1.11) anbieten.

Abbildung 1.11: Das mechanische Modell der Gleichzeitigkeitsrelativität.
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Es sollen auch 4 Massenpunkte (ohne Schwerekraft) mit der Geschwindigkeit $ v_1$ paarweise über dem Punkt $ C$ (neben dem Bahnkörper) und über der Mitte des Zuges C' (die stimmt mit dem Punkt $ C''$ zum Zeitpunkt des Fallen überein, neben dem Punkt $ C$) fallen. Es sollen ideale Reflektoren im Punkt $ C$ und in der Mitte des Zuges (gleichschenklige Dreiecke mit dem Basiswinkel $ \alpha=\pi/4$) aufgestellt werden. Dann fliegen zwei Teilchen, die sich über dem Bahnkörper widerspiegelten (im Punkt $ C$), in verschiedenen Richtungen mit der Geschwindigkeit $ v_1$ und erreichen gleichzeitig die Punkte $ A$ und $ B$ (in der Klassik $ \vert AB\vert=\vert A'B'\vert$). Dazu braucht man die Zeit $ t =L/v_1$, wo $ 2L$ - die Länge des Zuges ist. Zwei andere Teilchen, die sich über der Mitte des Zuges C' widerspiegelten, werden sich bezüglich der Eisenbahn mit den Geschwindigkeiten $ v' = v_1+(v/\tan\alpha)=v_1+v$ vorwärts und $ v'' = v_1-v$ rückwärts bewegen. In derselben Zeit $ t$ legt das erste dieser Teilchen die Strecke (vorwärts) $ L' = v_1t+vt$ zurück, und da der Zug die Strecke $ vt$ bewältigt, erreicht das Teilchen den Punkt A'. Analog für das zweite Teilchen $ L'' = v_1t-vt$; folglich erreicht es den Punkt B'. Auf solche Weise wird das Ereignis - das Fallen der Punkte auf die Reflektoren - in allen vier Punkten gleichzeitig fixiert: sowie in den Punkten $ A$ und $ B$ (über der Eisenbahn), als auch in den Punkten A' und B' (über dem Zug). Es war der Fall, wo die Massenteilchen, die über dem Zug fielen, nahmen auch an seiner Trägheitsbewegung teil. Sollte das zweite Massenteilchenpaar (über den Bahnschienen) auf einen unbeweglichen Punkt $ C''$ fallen, dann müsste der Dreiecksreflektor am Zug folgende Basiswinkel haben: $alpha_3=0,5arctg(v1/v)$ - entgegen der Zugbewegung und $alpha_4=Pi/2-x$ - entlang der Zugbewegung. In diesem Fall werden die Massenteilchen parallel zur Zugbewegungsrichtung fliegen und erreichen seine Enden gleichzeitig (allerdings nicht gleichzeitig mit dem zweiten Teilchenpaar!). Würden wir wünschen, dass alle vier Massenteilchen gleichzeitig die Punkte $ A', B', A, B$ passieren, müssten die Basiswinkel des Reflektors um den Winkel $ArcCos(v1/Sqrt(v^2+v1^2))$ reduziert werden (falls man einen flachen Hohlleiter anbringen würde, würde das Teilchenpaar nicht zu hoch über dem Zug steigen, sondern würde sich parallel zu der Zugbewegungsrichtung bewegen). Wie man sieht, die mechanischen Analogien sind für alle mögliche Situationen möglich.

Man kann sagen, dass es zwei verschiedene Ereignisse sind. Es sind im Fall mit dem Aufblitzen (dem Blitz) auch zwei. In Tat soll es zum Zeitpunkt des Zusammenfallens der Mittelpunkte $ O$ und O' von Systemen $ S$ und S' aufblitzen, die sich in Bezug aufeinander mit der Geschwindigkeit $ v$ bewegen. Zu einem Zeitpunkt $ t>0$ wird sich die Lichtfront auf der Sphäre $ \Sigma$ bezüglich des Mittelpunktes $ O$ im System $ S$ und auf der Sphäre $ \Sigma'$ mit dem Mittelpunkt O' im System S' befinden (was unmöglich scheint). Doch braucht man sich nicht zu wundern (keine Widersprüche mit klassischer Physik), da der Beobachter im System $ S$ das Licht mit der Frequenz $ \omega$ fixieren wird, während der Beobachter im System S' dasselbe Licht fixieren wird, aber mit einer anderen Frequenz $ \omega'$ (infolge des Dopplereffekts). Das sind schon zwei identifiziert verschiedene Ereignisse: beim Treffen können die Beobachter die Meßergebnisse $ \omega$ und $ \omega'$ immer vergleichen!

Analysieren wir jetzt ausführlicher das Gedankenexperiment, das die Gleichzeitigkeitsrelativität "demonstriert": soll das Aufblitzen zum Zeitpunkt des Zusammenfallens der Mittelpunkte $ O$ und O' der sich in Bezug aufeinander bewegter Systeme $ S$ und S' im Punkt O=O' auslösen. Laut dem SRT legt das Licht in der Zeit $ \Delta t=t_1-t_{01}$ nach den Stunden des Systems $ S$ die Entfernung $ c(t_1-t_{01})$ vom Mittelpunkt $ O$ zurück. In derselben Zeit $ \Delta t=t_2-t_{02}$ legt dasselbe Licht nach den Stunden des Systems S' die Entfernung $ c(t_2-t_{02})$ vom Mittelpunkt O' zurück. Die Übereinstimmung der Anfangszeiten beeinflusst die Differenz der Zeiten $ \Delta t$ nicht und kann sowie vor dem Experiment als auch danach mit einer beliebigen Methode durchgeführt werden. Man kann, z.B., die unendlich entfernte periodische Quelle verwenden, die senkrecht zur Bewegungsrichtung liegt. Man kann im voraus das Aufblitzen nach den Stunden des Systems $ S$ (z.B., periodisch alle Million Jahre) vereinbaren, und das System S' ein Augenblick vor dem im voraus gewählten Aufblitzen "organisieren" (im Teil 2.7 wird das damit verbundene Paradoxon der Nichtlokalität betrachtet).

Denken wir daran zurück, dass die positive Hauptidee der SRT in der Zeitlichkeit der Übertragungsgeschwindigkeit von Wechselwirkungen bestand. Dieselbe Idee äußert die Theorie der kurzreichweitigen Wechselwirkung und spiegelt das Feldherangehen (durch die Maxwell-Gleichungen) wider: die Lichtfront von der Quelle bis zum Empfänger geht konsequent alle Zwischenpunkte des Raumes durch. Eben mit dieser Eigenschaft kommt der Begriff der Gleichzeitigkeitsrelativität in Widerspruch (Abb. 1.12).

Abbildung 1.12: Widersprüche der Gleichzeitigkeitsrelativität.
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Für den Beweis wenden wir zwei Behauptungen von der SRT an: 1)ein und dasselbe Aufblitzen erreicht die Beobachter, die sich bezüglich einander bewegen, gleichzeitig, obwohl sich die Beobachter während des Durchganges des Lichtes räumlich voneinander mit einiger Entfernung trennen; 2) die kinematischen Formeln der SRT (aus Lehrbüchern) enthalten nur das Quadrat der Geschwindigkeit. Der erste Beobachter soll, zum Beispiel, im System S' in der Richtung der Quelle des Aufblitzens mit der kleinen Geschwindigkeit $ v\sim 10^4$ m/s bewegen. Da die Entfernung bis zum Punkt des Aufblitzens groß ist (eine Million von Lichtjahren), so gehen beide Beobachter in Million Jahren in die große Entfernung $ \sim 2\cdot 10^{17}$ m auseinander. Nach den Formeln der SRT wird die Ankunftszeit des Signals für jeden Beobachter identisch sein. In welchem Punkt des Raumes "versäumte" der erste Beobachter die Lichtfront für den zweiten Beobachter? Und wenn er die Million Jahre den Spiegel gehalten und 1 Sekunde vor der Signalaufnahme den entfernt hätte? Aus Sicht des zweiten Beobachters reflektierte das Signal vom ersten Beobachter irgendwo vorne. Und was reflektierte der erste Beobachter, als seine Geräte auf das Aufblitzen noch nicht reagierten? Analog kann sich der dritte Beobachter vom zweiten mit derselben Geschwindigkeit fortbewegen, die aber von der Quelle weg gerichtet ist. Ob der dritte Beobachter das Licht sehen wird, wenn der zweite den Spiegel eine Million Jahre ausschließlich eine Sekunde halten wird?

Einerseits, da die Formeln der SRT nur das Quadrat der Geschwindigkeit enthalten, wird der zweite Beobachter die Zeit des Signalempfanges vom ersten und dritten Beobachter für identisch halten. Man kann sich über die Aussendung zusätzlicher eigener Signale ohne Verzögerung beim Erhalten von jedem Beobachter des untersuchten Signals vereinbaren. Falls die Berechnungen des zweiten Beobachters richtig sind, soll er die Signale vom ersten und dritten Beobachter gleichzeitig erhalten (die Aufgabe ist symmetrisch). Andererseits pflanzt sich das Licht laut den Maxwell-Gleichungen ununterbrochen fort, und der zweite Beobachter erhält das Signal vom ersten gleichzeitig damit, wenn er selbst das erforschende Signal sieht. Aus Sicht des zweiten Beobachters ist das Licht beim dritten Beobachter zu dieser Zeit noch nicht angekommen. So kommt der zweite Beobachter in Widerspruch mit sich: die ersten Berechnungen nach den Formeln der SRT widersprechen den zweiten Berechnungen nach den Maxwell-Gleichungen. Es ist ersichtlich, dass die Beobachter das Aufblitzen nicht gleichzeitig sehen werden, sondern nacheinander, da der Raumweg des Lichtes einheitlich ist: die Quelle, der erste Beobachter, dann der zweite und schließlich der dritte Beobachter.

Zusätzlich sei bemerkt, dass der Begriff Gleichzeitigkeitsrelativität sogar in den Rahmen der SRT stark beschränkt ist: er ist nur auf zwei isolierte Ereignisse anzuwenden (es gibt keine kreuzenden Grundursachen, keine kreuzenden Nachhandlungen, und überhaupt interessieren uns keine zusätzlichen Tatsachen). Tatsächlich haben die Lichtkegel für diese gewählten Punkte Kreuzungen, zu geschweigen aller anderen Punkte in Raum und Zeit. In Wirklichkeit haben wir die ununterbrochenen Ketten kausal gebundener(und nicht gebundener) Ereignisse, die mit einer Mehrzahl der Kreuzungen durch jeden Punkt des Raumes und der Zeit gehen (bei weitem ruft nicht jeder Grund den Eintritt der entsprechenden Folge mit Lichtgeschwindigkeit hervor). Und das ganze reale (von verschiedenen Maßstäben!) Zeitnetz hat die Wechselwirkung für den ganzen Raum. Also können wir im allgemeinen Fall die Reihenfolge sogar kausal ungebundener Ereignisse (irgendwo sollte es einerlei widergespiegelt werden) nicht tauschen (durch die Auswahl des Bezugssystems).

Artecha S.N.